Ziele
Wir sind gemeinnützig.
der Zusammenarbeit der Abendgymnasien in pädagogischer, methodischer und organisatorischer Hinsicht.
von sozialpädagogischen Problemen und der theoretischen und praktischen Lösung von Fragen des Zusammenhangs von Arbeit und Bildung.
von Kontakten mit allen Stellen, die sich die Lösung der Bildungsprobleme zum Ziel gesetzt haben.
Der Bundesring ist die Interessenvertretung
der in ihm vereinten Abendgymnasien Deutschlands
Wir verstehen uns als länderübergreifende Vereinigung der Abendgymnasien.
Als länderübergreifende Vereinigung begleitet er inhaltlich und institutionell die Entwicklung der Abendgymnasien in den Ländern und fördert in diesem Zusammenhang Wissenschaft und Forschung zur schulischen Erwachsenenbildung.
Das Abendgymnasium – seit 1927 die Schulform einer demokratischen Gesellschaft
Unsere Geschichte
Die ersten Abendgymnasien in Deutschland wurden während der Weimarer Republik gegründet. Menschen, die z.B. aufgrund ihrer sozialen Herkunft bislang keine Chance gehabt hatten, ihr Potential zu entwickeln, sollten einen Zugang zu höherer Bildung und beruflichem Aufstieg erhalten. Ausgehend von diesem Grundgedanken, der bereits zuvor Arbeiterbildungsvereine geprägt hatte, entwickelte der Berliner Pädagoge Peter A. Silbermann eine Schulform, in der Erwachsene die Möglichkeit erhielten, die Allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Vorbild für Silbermann waren die „Evening High Schools“, die er auf einer Reise in die USA kennengelernt hatte. 1927 nahm das erste Abendgymnasium in Berlin den Unterrichtsbetrieb auf. In kurzer Zeit folgten entsprechende Schulgründungen in Hamborn, Essen, Hannover, Kassel, Osnabrück, Köln, Gelsenkirchen und Halle. Auch in Österreich und den Niederlanden wurden ähnliche Abendschulen eröffnet.
Bereits im November 1928 wurde in Hannover von Schulleitern die „Interessengemeinschaft deutscher Abendgymnasien“ (IGDA) gegründet. Die Schulform Abendgymnasium entsprach offensichtlich dem Geist des jungen demokratischen Staates.
Die neuen Schulen gerieten aber schnell in den Strudel der großen Wirtschaftskrise ab 1929/30, die meisten Kommunen verfügten kaum noch über finanzielle Mittel zur Ausstattung der Bildungseinrichtungen für Erwachsene. Mit Ausnahme der Berliner Schule wurden alle Abendgymnasien dann nach dem Untergang des demokratischen Staates und der Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur 1933/34 geschlossen. Silbermann, der Gründer der Schule in Berlin, stammte aus einer jüdischen Familie und musste aus Deutschland nach Italien, später in die USA fliehen.
Sehr bald nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wurden neue Abendgymnasien gegründet, bereits 1945 in Hamburg, 1946 beispielsweise in Kassel, Kiel und Dortmund.
Im Oktober 1948 trafen sich in Fredeburg (Sauerland) Lehrkräfte verschiedener Abendgymnasien in Nordrhein-Westfalen. Die Direktoren der Schulen vereinbarten künftig mindestens einmal im Jahr gemeinsam zu tagen. Im Mai 1951 kam es in Fredeburg dann schließlich zur Gründung des „Rings der Abendgymnasien“, der zunächst auf Nordrhein-Westfalen beschränkt blieb, im September 1964 erfolgte dann die Ausweitung auf das gesamte Bundesgebiet.
Im Jahr 1957 beschloss die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) eine erste Vereinbarung über Abendgymnasien; das Prinzip des Exemplarischen spielte eine wesentliche Rolle, und zwar sowohl im Hinblick auf die Vermittlung der Studierfähigkeit als auch im Sinne einer Allgemeinbildung.
In der DDR wurden die staatlichen Volkshochschulen 1956/57 zu „Abendoberschulen für Erwachsene“.
In der Bundesrepublik kam es in Folge einer Diskussion in der Gesellschaft, bei der Defizite im Bildungssystem erkannt wurden, der Philosoph Georg Picht sprach bereits 1964 von einer „Bildungskatastrophe“, im Laufe der 1970er Jahre zu einer weiteren Welle von Neugründungen von Abendgymnasien.
Abendgymnasien als zentraler Bestandteil des Zweiten Bildungswegs passten sich im weiteren Verlauf immer wieder den Rahmenbedingungen einer sich verändernden Bildungslandschaft und demokratischen Gesellschaft an, so etwa im Zuge der Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe in den 1970er Jahren.
Entwickelt wurden Angebote wie das „Abendgymnasium am Vormittag“, um beispielsweise jungen Müttern die Chance zu geben, einen höheren Schulabschluss nachzuholen.
Im Jahr 2002 wurde der Lehrgangstyp „Abitur-Online“ (Präsenz- und Online-Unterricht in Kombination („Blended Learning“)) eingeführt. Gerade Studierende mit ausgeprägten beruflichen oder familiären Verpflichtungen können so zeitlich flexibler lernen.
Bis heute passt sich das Angebot der Abendgymnasien als Schulen des Zweiten Bildungswegs den Erfordernissen einer sich wandelnden Gesellschaft an. Dies entspricht dem bereits 1927 entwickelten Selbstverständnis, als Schulform dem Gedanken der Bildungsgerechtigkeit in einer demokratischen Gesellschaft in besonderer Weise verpflichtet zu sein.
Potsdamer Erklärung des Bundesringes der Abendgymnasien 2023
Potsdamer Erklärung des Bundesringes
der Abendgymnasien 2023
Selbstverständnis der Abendgymnasien:
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Junge Erwachsene haben bei uns die Möglichkeit, parallel zu Beruf, Familie oder anderen Herausforderungen
höhere Schulabschlüsse zu erwerben, sich neue Perspektiven zu erschließen und sich persönlich weiterzuentwickeln. - Basis unserer Arbeit ist der demokratische Gedanke der Chancengerechtigkeit und Teilhabe.
- Unser Bildungsangebot ist niedrigschwellig und gut erreichbar.
- Wir begleiten unsere Studierenden in persönlichen Lerngruppen mit einem hohen Maß an individueller Beratung und Förderung.
Entwicklungen und Herausforderungen:
- Unsere Studierenden unterliegen beruflich gestiegenen Ansprüchen an ihre Arbeitszeitgestaltung und Mobilität – Rahmenbedingungen, die z.T. im Widerspruch zu den Strukturen unserer Bildungseinrichtungen stehen.
- Aufgrund der Zunahme nicht-linearer Bildungs- und Erwerbsbiografien erfüllen Bewerberinnen und Bewerber teilweise einzelne Bestimmungen in den derzeit gültigen Aufnahmebedingungen nicht und müssen abgelehnt werden, obwohl der zweite Bildungsweg für sie und die Gesellschaft eine hervorragende Chance darstellt.
- Unter der wachsenden Zahl Zugewanderter, die das Abitur anstreben, entsprechen die vorhandenen Kenntnisse nicht immer den im deutschen MSA erworbenen Kompetenzen. Insbesondere das Sprachniveau in Deutsch ist sehr unterschiedlich. Gleichzeitig sollen eben diese Gruppen erreicht werden, damit sie auf dem Arbeitsmarkt ihr volles Potential ausschöpfen und bessere Integration erfahren können.
- Der demografische Wandel und die schwere Erreichbarkeit durch den ÖPNV bedrohen die Standorte der Abendgymnasien in strukturschwachen Regionen.
Ressourcen und Perspektiven:
- Die Abendgymnasien verfügen über langjährige Erfahrungen in der Erwachsenenbildung mit einer bundesweit standardisierten Ausbildung nach KMK-Richtlinien. Aus beruflichen oder familiären Gründen notwendige Wechsel zwischen den Bundesländern sind möglich, die Anerkennung und Vergleichbarkeit der Abschlüsse gewährleistet.
- Die an Abendgymnasien übliche Individualisierung und Binnendifferenzierung kann unter Nutzung des gegenwärtigen Innovationsschubs im Bereich der Digitalisierung konsequent verfolgt und ausgebaut werden.
- Studierende mit Migrationshintergrund erreichen wir durch einen stärkeren Fokus auf Sprach- und Medienkompetenz sowie Integration.
- Unser persönliches Beratungs- und Unterstützungsangebot zum Ausgleich von Nachteilen im Bereich körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen wird durch den Einsatz von Sozialpädagogen und Schulpsychologen stetig weiter ausgebaut.
- Durch Überprüfung und Anpassung der Zugangsvoraussetzungen können bestehende Hürden für geeignete Bewerberinnen und Bewerber gesenkt und diesen der Zugang zu höherer Bildung ermöglicht werden.
Fazit:
- Abendgymnasien sind integraler Bestandteil der deutschen Bildungslandschaft.
- Die aktuelle Forderung nach "Bildungswende Jetzt!" unterstützt das Selbstverständnis der Abendgymnasien.
- Abendgymnasien entsprechen der Notwendigkeit, einen stabilen, professionellen und qualitativ hochwertigen Zugang zu Bildung für Erwachsene zu ermöglichen.